Mein Fehler.

Es gibt einen Unterschied zwischen Fehlern und Herausforderungen, den wir mit unserer Sprachschönfärberei und Angst vor klaren Worten gern außer Acht lassen.

Fehler passieren. Wir haben einen Plan im Kopf und dann machen wir was anderes. Der Fuß geht NICHT über die Schwelle sondern bleibt hängen. Der Post geht NICHT am Donnerstag online sondern gar nicht. Das A-Wort kommt über die Lippen obwohl wir heute früh noch meditiert haben.

Dies sind Fehler, und sie passieren. Herausforderungen sind Situationen, denen ich mich stellen kann. Aus einem Fehler kann eine Herausforderung werden.

Ich verspreche dem Kind in meinem Leben ein Eis nach der Kita. Fehler! Ich vergaß, dass wir dringend einkaufen müssen und schnellstens nach Hause, weil Handwerker*innen kommen. Hieraus wächst die Herausforderung, wie ich mit dem schreienden, das zu Recht ein Eis einfordernden Kind umgehe.

Mein Motto: Verstehen, Hinterfragen, Fehler machen.

Was sind Fehler im Umgang mit Kindern überhaupt?

Von einem Standpunkt der Lernenden aus  sind das all die Gelegenheiten, wo ich weiß, ich hätte es besser machen können. Wenn ich geschrien habe, wenn ich genörgelt habe, wenn ich ein Kind herabgewürdigt habe, weil ich selbst verletzt war, wenn ich ungerecht war. Im Alltag mit Kindern gibt es hundert Gelegenheiten, Fehler zu machen. Meist fühlen wir uns schlecht, weil unser hohes Ideal gerne etwas anders gemacht hätte. Aber was? Das schlimmste was wir machen können ist, den Fehler zu vertuschen oder zu verteidigen. Das wäre eine unkluge Entscheidung. Die Frage ist immer: Was denkst du? Was fühlst du? Was entscheidest du?

Fehler eingestehen

Eine Welt, in der Menschen sagen können: „Mein Fehler – ich korrigiere das eben!“ ist doch eine entspanntere, als die, in der alle immer alles wissen und können und wo es hochnotpeinlich ist, etwas zu vergessen, zu vermasseln, zu verk***en. Eben ein Mensch zu sein. Dazu gehört, sich zu entschuldigen. Leider scheint eine Entschuldigung vielen Menschen sehr schwer zu fallen – warum eigentlich? Weil in unserer Kultur Fehler eine persönliche Schwäche darstellen.

Fehler mit Humor nehmen

Es dauerte eine Weile, bis ich es konnte. Ich beobachte oft Kinder, die es nicht können, weil es ihnen niemand vorlebt. Das Lachen über die eigenen Fehler ist so befreiend. Anstatt sich selbst noch schlechter zu machen – was die Situation selten verbessert – könnte man auch einfach drüber lachen.

Perfektionismus im Umgang mit Kindern und wohin er führt

In allen Fragen des Umgangs mit Kindern hat uns der Perfektionismus noch nie geholfen. Wir leben in einer Zeit, da die pädagogischen Fragen mehr in einer gewissen Mittelschicht angekommen sind als je zuvor. Dadurch entsteht ein Umbruch – wir wollen es anders machen als unsere Eltern. Und haben auch eine gewisse Idee, wie es gehen könnte. Mit unseren Fehlern sind wir aber gleich streng wie die Generation nach dem Krieg. Wenn ich dem Kind immer ein perfektes Beispiel sein will, mir keine Fehler unterlaufen und ich alle Antworten kenne – was lernt das Kind? Es möchte so sein, wie du (zumindest in den ersten Jahren) und ahmt dich nach. Lernt es von dir, aus Fehlern zu lernen oder sie schnell zu verschweigen, zu verstecken, darüber zu schwindeln oder sich dafür zu schämen? Der Perfektionismus in der sogenannten „Erziehung“ setzt alle unter Druck, die Erwachsenen wie die Kinder. Daraus entstehen Spannungen und Konflikte und im schlimmsten Fall Gewalt.

Mit Kindern kann man wunderbar offene Dialoge halten. „Ich habe mich vorhin richtig danebenbenommen. Ich habe meine Emotionen nicht mehr kontrolliert und sie einfach an dir ausgelassen. Dafür entschuldige ich mich. Lass uns darüber reden, wenn ich ruhiger bin, okay?“ – Sätze wie dieser kitten die Beziehung im Nu und stellen Vertrauen wieder her. Und wenn wir ganz ehrlich sind, geht es uns auch besser damit.

Als praktischer Hinweis am Schluss: Wenn du Fehler machst und nicht weißt, was du anders machen könntest, hol dir die Toolcards der Positive Discipline. Du findest sie im Appstore.

Viel Freude beim Fehlermachen!

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